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© Städtische Museen Zittau

Fachbeitrag

Via Sacra – Spirituelle Reisen grenzübergreifend

Spirituelles Reisen – wer denkt da nicht an die berühmten Pilgerwege nach Santiago oder in die Städten im Heiligen Land? Das Dreiländereck Tschechien-Polen-Deutschland dürften dabei wenige im Blick haben. Und doch gibt es hier seit fast 20 Jahren ein Netzwerk erstaunlicher sakraler Stätten, die es Wert sind, sich auf die Reise zu machen, weil sie es erlauben, spirituelle und kulturelle Erlebnisse der besonderen Art zu machen.

Die Besonderheit liegt in der Vielfalt: Es sind nicht „nur“ gewöhnliche mittelalterliche Kirchen und Klöster, nicht allein barocke Kleinode – dies alles ist auch vertreten. Nein: Vereint im Netzwerk sind auch Orte wie Herrnhut, Gründungsschauplatz der weltumspannenden Herrnhuter Brüdergemeine oder das heilige Grab in Görlitz, der exakteste aller Nachbauten des Heiligen Grabes – originaler als das mittlerweile stark veränderte Original in Jerusalem. Dabei ist auch das größte mittelalterliche Fastentuch nördlich der Alpen, eine norwegische Stabkirche oder die älteste, ohne Unterbrechung seit ihrer Gründung (1234!) bestehende Zisterzienserinnenabtei in Deutschland.

Diese Häufung so unterschiedlicher Glaubensstätten aus verschiedenen Konfessionen hat mit der charakteristischen Geschichte des Dreiländerecks zu tun, vor allem mit der sehr alten konfessionellen Grenze Deutschland – Böhmen. Sie führte dazu, dass Hauptwerke der Gegenreformation im grenznahen Raum als Manifestation des alten Glaubens gegenüber dem evangelischen Sachsen entstanden und dass sich in der Oberlausitz Glaubensflüchtlinge niederlassen konnten, die ihren Glauben weiter praktizierten konnten. Sie erhielten die Freiheit dazu, da in der Oberlausitz mangels eines zentralen Kirchenregiments und eines Vertrages verschiedene Konfessionen zugelassen waren – ein frühes Beispiel gelebter Toleranz, das noch heute beispielhaft sein kann.

Die Erfahrungen des Reisenden auf der Via Sacra sind also solche erlesenen Kunstgenusses – im landschaftlich reizvollen ländlichen Raum, jenseits der Metropolen – und einer kulturellen Vielfalt, die diese Höhepunkte erst ermöglichte.

               

© René Pech

Das Netzwerk lebt auch vom heutigen internationalen Austausch der heutigen Akteure und ist ein Beispiel gelebter europäischer Integration – und damit ein Gegenentwurf zu den aktuellen Problemen, mit denen die EU zu kämpfen hat. Als touristisches Netzwerk ist es auch geeignet durch die stetig sich verbessernde Infrastruktur aus Übernachtungshäusern, einem Rad- und Fußwanderwegenetz.